Schon verwunderlich und zugleich beängstigend finde ich, dass ein simples Spiel, in dem komische scheinbar den 80igern entflohene Gestalten gejagt werden müssen, in der Lage ist viele Millionen Menschen auf die Strasse zu bringen. Innenstädte sind erstmals am Tag, jedoch zum Leidwesen der Einzelhändler, weit nach Ladenschluss bevölkert von aufs Smartphone starrende Menschen. Der Einzelhandel hätte dieses Spiel erfinden müssen. So hätte man dem E-Commerce im Keim erstickt – und das ganze wäre so einfach gewesen. Amazon wäre gar nicht erst entstanden – ist es doch schlecht während der Jagd auch noch Artikel des täglichen oder nicht-täglichen Bedarfes zu finden. Und auch der Desktop-PC als Second-Screen wäre abgemeldet – schließlich befinden sich die Jäger im „Feld“ – da, wo das Fabelwesen sich herumtreibt. Nah am Feind. Herrlich.
Stellt euch vor diese Generation „PokemonGo“ entdeckt irgendwann unseren Sport für sich – reale Gegner, erbitterte Zweikämpfe, wahre Schmerzen sowie authentische Erfolgs- und Mißerfolgserfahrungen. Unseren Sportvereinen stünde eine große und erfolgreiche Zukunft bevor – irgendjemand muss es der Generation nur noch beibringen.
Bis dahin kämpfen wir als Individuen fleissig weiter gegen Gleichgesinnte und erfreuen uns am wahren Leben und realen Mitstreitern.
Echte Läufer spielen nicht Pokémon Go
tagesspiegel.de
Was ist kaputt in unseren Köpfen, dass sich Deutschland von einer Pokémon-App nahezu kontrollieren lässt? Unser Kolumnist setzt auf die Lauf-Realität.